Eine Idee wird Wirklichkeit, Jakobsweg Weinviertel
Erinnerungen von Dr. Matthias Roch
In meiner Amtszeit als Bischofsvikar für das Weinviertel gab es nach vielen Diskussionen folgende Idee: Pilgern wir vier Jahre durch unser Vikariat mit den zahlreichen Wallfahrtsorten. Im fünften und letzten Jahr (2007) könnten wir dann zum Abschluss eine Pilgerwallfahrt nach Santiago zum Grab des Apostel Jakobus machen. Das Pilgern in der Heimat stellten wir unter den Titel: „Weinviertler Pilgerweg“. Schon in den ersten Jahren freuten wir uns über eine sehr rege Beteiligung mit bis zu fünfhundert Teilnehmern pro Tag. Es wurde fast jede Pfarre im Weinviertel zu Fuß besucht. Eine echte Pilgerbewegung entstand mit dem Höhepunkt im Jahr 2007 – die Vikariatswallfahrt nach Santiago de Compostela. Mit der Unterstützung von „Biblische Reisen“ traten 240 Personen die große Pilgerfahrt an. Auf Gruppen aufgeteilt, hatte jeder die Möglichkeit kurze Abschnitte auf dem spanischen Jakobsweg kennenzulernen. Jeden Tag gab es ein gemeinsames Treffen aller zum Gebet oder auch zur Eucharistiefeier. In diesen Tagen ist der Gedanke des Pilgerns neu ins Bewusstsein gerückt. Und so war es nicht verwunderlich, dass ich schon bald auf die Idee „Jakobsweg Weinviertel“ angesprochen wurde.
Bei anregenden abendlichen Gesprächen kam es, dass Landtagspräsident Mag. Edmund Freibauer, Bezirkshauptmann Dr. Gerhard Schütt, LAbg. Mag. Karl Wilfing, Sparkassendirektor Werner Kraus und einige andere folgende Fragen aufwarfen:
• Kann man nicht aus dem Weinviertler Pilgerweg etwas „Nachhaltiges“ machen?
• Was wäre mit einem Jakobsweg durchs Weinviertel?
Die Idee war geboren, ein Grundstein war gelegt und die gemeinsamen wunderbaren Erfahrungen dieser Vikariatspilgerfahrt nach Santiago bestärkten uns alle, an der „Jakobswegidee“ weiterzuarbeiten. Nach intensiven Forschungen über historische Jakobswege in Österreich, wurde bei der ersten offiziellen Sitzung im Jänner 2008 klar, dass die Wegführung eine An- und Einbindung in bestehende europäische Jakobswege haben muss und dass Mikulov (dt. Nikolsburg), eine Stadt, die schon zu früheren Zeiten am Jakobsweg gelegen war, als Ausgangpunkt dienen könnte. Weiters wollten wir natürlich den Pilgern die Schönheiten unseres Weinviertels, die markanten Wallfahrtsorte und Jakobskirchen unserer Heimat näherbringen und am Ende unseren Weg in Krems/Mautern in den dort bestehenden Jakobsweg einbinden. Das Bildungshaus Großrußbach sollte im Mittelpunkt stehen. Gemeinsam mit den Tourismus-Verantwortlichen wurde ein EU-Leader Projekt entworfen. Damit waren auch die Gemeinden bald als Partner gewonnen. Der Jakobsweg Weinviertel – so war nun der offizielle Titel dieses Weges – muss ein Pilgerweg sein und kein „touristischer Trampelpfad“, wie es Präsident Freibauer ausdrückte. Daher sollte der Weg sich besonders auf die zu besuchenden Kirchen – z.B. „offene Kirchen“ – und religiösen Denkmäler konzentrieren.
Ein ehrgeiziger Zeitplan und gute Zusammenarbeit aller
Der weitere Zeitplan wurde im Jänner 2009 festgelegt: Wegmarkierung machen, Kartenmaterial erstellen, Begleithefte vorbereiten, Vorfinanzierung klären etc. Dazwischen gab es noch Gemeindeworkshops und vor allem war uns auch die Einbindung der Pfarren und die Information an die Erzdiözese Wien wichtig, die die Anliegenbücher und Stempelstationen für die Pfarren finanzierte. Auch das Land Niederösterreich unterstützte unser Projekt großzügig. Wir gründeten schließlich die „Interessensgemeinschaft Jakobsweg Weinviertel“. Als Verantwortungsträger fungierten Edmund Freibauer, Franz Knittelfelder, Werner Kraus und Matthias Roch in enger Kooperation mit dem Büro des Weinviertel Tourismus, am Beginn vertreten durch Andreas Strobl und Maria Schuckert. In den letzten Jahren haben Geschäftsführer Hannes Weitschacher und Sonja Eder das Projekt touristisch betreut. In der Karwoche 2009 gab es dann eine „offizielle Erstbegehung“ von Mikulov bis nach Krems, wo die Gruppe am Karfreitag ankam. Die Wegstrecke wurde mit diesen Erfahrungen nun fixiert. Am Ostermontag, 5. April 2010, wurde der Jakobsweg Weinviertel offiziell eröffnet. Ein Festgottesdienst mit Weihbischof DDr. Helmut Krätzl, eine Pilgerwanderung nach Karnabrunn und der Radio Niederösterreich-Frühschoppen machten den Tag zu einem Erlebnis für alle.
Der Jakobsweg Weinviertel lebt, die Jahre nach der Eröffnung – 2010 bis heute
Fast täglich sind seit diesem Ostermontag 2010 zahlreiche Pilgerinnen und Pilger unterwegs. Die Nachfrage und das Interesse sind groß, auch die Gastfreundschaft der Bevölkerung. Die positiven Rückmeldungen haben unsere Entscheidung bestärkt. Im Laufe der folgenden Jahre waren es viele begleitende Aktivitäten, die das Pilgern und den Jakobsweg stark in das Bewusstsein der Menschen gerückt haben. Zum Beispiel, die jährlichen Pilgertreffen mit Schwerpunktthemen im Bildungshaus Großrußbach, die Ausbildungskurse für Pilgerbegleiter/innen, eine Wanderausstellung zum Jakobsweg Weinviertel, ein Jakobswein (dzt. aus Poysdorf u. Karnabrunn), die Werbung durch gute Reisebegleitbücher („Jakobswegweiser Weinviertel“) und letztlich die Gründung des Vereines „Jakobsweg Weinviertel“ für die ständige Betreuung des Weges.
Große Dankbarkeit erfüllt mich
• wenn ich an die große Wallfahrt unseres Vikariates im Jahr 2007 zum Abschluss des Weinviertler Pilgerweges denke. Dort wurde die Idee des Jakobsweges Weinviertel geboren und damit der Grundstein für die weitere Entwicklung bis heute gelegt.
• wenn ich an die vielen treuen Wegbegleiter/innen denke, die zur Verwirklichung der Idee beigetragen und mich außerordentlich gut und freundschaftlich unterstützt haben.
• wenn ich an die so positive Annahme des Jakobsweges Weinviertel denke.
Warum macht Christsein als Unterwegssein Freude?
Der Hauptgrund für mich ist, dass wir unser Leben als eine Art Pilgerweg begreifen dürfen. Wir sind immer als „pilgerndes Gottesvolk“ gemeinsam unterwegs. Meinem alten Motto: „Zum Glauben braucht man Freunde“ entsprechend, durfte ich auch bei allen unseren Pilgerwegen diese Gemeinschaft erleben. In dieser Art des Unterwegsseins – Gehen, Beten, Sprechen miteinander und Feiern – wird auf vielfältige Art und Weise der eigene Glauben gestärkt und die Freude am Christsein durch das Zusammensein und das gemeinschaftliche Tun bekräftigt. Das empfinde ich auch als einen Auftrag für die Zukunft in unserem Vikariat, über die traditionellen Formen unseres Christseins hinaus, immer „unterwegs zu und mit den Menschen zu bleiben“.
Prälat Dr. Matthias Roch, Bischofsvikar emerit. – Großrußbach (geschrieben für das Buch „Muschelkraft“ 2020)
Jakobsweg Weinviertel – Verein zur Förderung des Pilgerwesens
ZVR 1776444533 – Obmann: Hofrat Dr. Gerhard Schütt
per Adresse: Schloss Großrußbach, 2114 Großrußbach, Schlossbergstraße 8
Heute wird das Projekt vom Verein "Jakobsweg Weinviertel" getragen. Obmann ist Hofrat Dr. Gerhard Schütt. Ihm zur Seite stehen Helga Zawrel, Werner Kraus, Franz Knittelfelder und Franz Neustifter als weitere Vorstandsmitglieder. Karl Berthold und Kurt Dörfler sind die beiden Kassaprüfer. Der Verein hat ein Arbeitsübereinkommen mit der Weinviertel Tourismus GmbH. vertreten durch Sonja Eder (Projektkoordinatorin) und GF Hannes Weitschacher.
Ehrenmitglieder - die sich um die Entstehung und Erhaltung des Jakobswegs Weinviertel verdient gemacht haben - sind Bischofsvikar a.D. Prälat Dr. Matthias Roch, Landtagspräsident a.D. Hofrat Mag. Edmund Freibauer und Bischofsvikar Weihbischof DI Mag. Stephan Turnovszky.
Bei der Generalversammlung des Vereins im Frühjahr 2022 in Stockerau wurde der Vorstand erweitert. Am Bild die Akteure des Verein "Jakobsweg Weinviertel" Obmann Hofrat Dr. Gerhard Schütt, Helga Zawrel, Werner Kraus, Franz Knittelfelder, Franz Neustifter. Karl Berthold und Kurt Dörfler sind die beiden Kassaprüfer. Neu im Verein sind als Vertreter der Region Wagram: Franz Aigner und Manfred Denk. Die Weinviertel Tourismus GmbH. ist weiterhin vertreten durch Sonja Eder (Projektkoordinatorin) und neu ist GF Hannes Steinacker.